Immer wenn ich an Australien denke oder mir Bilder unseres Roadtrips entlang der Ostküste des Landes anschaue bekomme ich ein seltsames Gefühl in der Magengegend. Eine Mischung aus unendlicher Sehnsucht, großer Dankbarkeit und Verliebtheit – ein bisschen auch wie Liebeskummer. Das Land hat mich – nach anfänglichen Startschwierigkeiten – völlig in seinen Bann gezogen und nun kann ich nicht aufhören daran zu denken.
Australien stand nie auf meiner Reise-Bucketlist, daher habe ich mich nicht großartig mit dem Land beschäftigt bevor ich dorthin geflogen bin. Es passierte auch alles relativ spontan als mich Nadine und Nicola fragten, ob ich ihre Hochzeit im nördlichen Queensland fotografieren möchte. Wie genau es dazu kam, könnt ihr in diesem Blogpost nachlesen.
Ich entschied mich dazu gleich ein wenig Urlaub dranzuhängen und meinen Freund Alper mitzunehmen. Auch entschieden wir uns erst nach Sydney zu fliegen, weil wir uns nicht vorstellen konnten, bei unserem ersten Trip nach Down Under die berühmte Stadt gar nicht zu besuchen. Nach etwa 30 Stunden Anreise kamen wir nachts im strömenden Regen in Sydney an, fanden unser gebuchtes Apartment und wurden überfallen noch bevor wir es betreten konnten. Jemand folgte uns in den Flur und fing an wirres Zeug zu erzählen, es ergab sich ein Gerangel und nachdem ich nach Hilfe geschrien hab, kamen zum Glück Nachbarn hinzu. Wir riefen die Polizei, die dann auch kam und alles schlichtete. Ich erinnere mich noch an die Worte der Polizistin „Well, that’s Darlinghurst and welcome to Australia“ Äh. Ja. Danke.
Nachdem wir Schock und Jetlag ausgeschlafen haben, erkundeten wir die Stadt – bei viel zu kalten Temperaturen und Dauerregen. Obwohl ich unbequemer weise alle meine Klamotten einfach übereinander trug, war es nicht warm genug und so kaufte ich mir erstmal Thermostrumpfhosen, um es überhaupt draußen auszuhalten. Es war bereits November, also Frühsommer in Australien und abnormal kühl. Und windig. So windig. Der Strand in Bondi Beach war aus Sicherheitsgründen gesperrt. Nicht ein einziger Surfer war im Wasser. Stell dir vor: du fliegst um die halbe Welt um den berühmten Surferbeach von Bondi zu sehen und keiner surft. Passiert. Immerhin hörte der Dauerregen irgendwann auf, der Wind jedoch blieb. Wir erlebten die Stadt daher als ziemlich ruhig, niemand war draußen, man konnte kaum etwas im Freien unternehmen und irgendwie blieb dann nicht mehr viel übrig als eben eine Großstadt bei schlechtem Wetter. Hätte ich auch in meiner damaligen Wahlheimat Hamburg haben können.
Nach ein paar Tagen in Sydney flogen wir zum Glück weiter in den hohen Norden Queenslands, nach Cairns. On- und offline wurde mir ständig besseres, tropischeres Wetter versprochen und tatsächlich war es bei unserer Ankunft brütend heiß. Wir wollten schnell unseren gebuchten Camper abholen, Vorräte aufstocken und uns auf die Suche nach dem ersten Campingplatz in der Nähe machen. Ich war auf den ersten Blick begeistert vom tropischen Queensland, Mangobäume überall, die Sonne knallte vom blauen Himmel, die Menschen waren unfassbar nett. Nach dem üblichen Übernahme-Prozedere wollten wir gerade mit unserem Mietcamper losfahren als ein Polizist uns aufforderte den Wagen unverzüglich zu verlassen, da das Gebiet aus Sicherheitsgründen evakuiert wird. Auf der Straße hatte ein Auto Feuer gefangen, das zu allem Überfluss auch noch mit Gastanks beladen war. Wir mussten nur ein Stück weiter die Straße runtergehen und konnten von dort unseren Mietwagen sehen. Drei Stunden lang. Solange mussten wir nämlich mitten im Industriegebiet hinter dem Flughafen in der brutalen Hitze ausharren bis wir wieder zurück durften. Danach wurden wir allerdings mit einem der schönsten Campingplätze des gesamten Trips belohnt, man durfte direkt bis an den Strand fahren und hatte beim Kochen in der Freiluftküche Sand unter den Füßen und das Meer als Ausblick. Als wir am nächsten Tag aufwachten, regnete es in Strömen. Der Regen blieb die nächsten Tage und ich hatte gehofft, dass es wenigstens für die Hochzeit von Nadine und Nicola besser werden würde.
Nach besagter Hochzeit verließen wir unseren ersten Campingplatz und machten uns auf die etwa 2.000 Kilometer lange Reise von Cairns nach Brisbane, fuhren dabei immer wieder mal ins Hinterland, flüchteten vor dem Regen, versuchten erfolglos Schnabeltiere zu sichten, sahen dafür aber sehr erfolgreich Koalas auf Magnetic Island. Wir kuschelten mit Kängurus, Ponys und Hunden. Wir lernten die nettesten Menschen aus aller Welt, vor allem aber Australier kennen. Wir kauften am Straßenrand Obst und Gemüse lokaler Bauern und betraten nur selten einen Supermarkt. Wir übernachteten auf den schönsten Campingplätzen, fanden die einsamsten Strände und sahen im Morgengrauen Kängurus über den Strand hopsen. Ich machte Yoga im Schatten der Bäume, wir schwangen von Seilen in den kleinen Fluss und aßen Mangos frisch vom Baum. Wir schwebten mit der Seilbahn über dem Regenwald und erkundeten unterirdische Höhlensysteme. Bewunderten den größten Amethysten der Welt und beeindrucktende Streetart großartiger Künstler. Sahen Sonnenauf- und untergänge und Millionen von Sternen am Himmel. Wir wachten zu dem dem Gezwitscher von Papageien und Kakadus auf, hörten die Fledermäuse schreien und erblickten Nachts auch ab und an mal Flughörnchen. Wir tranken frischen Zuckerrohrsaft und bewunderten hunderte Jahre alte Bäume.
Was wir jedoch nie taten war im Meer schwimmen, denn es war „Stinger Season“ und man sollte besser nichtmal eine Zehe ins Wasser halten wenn man nicht von den tödlichen Quallen erwischt werden will. Oder um es mit den Worten eines Australiers zu sagen den wir mal gefragt haben ob es denn wirklich so schlimm wäre: „You only go in the water if you want to die“. Ne, das hatten wir dann doch nicht vor im Urlaub und so blieb uns nur das türkisblaue Meer aus der Ferne anzuhimmeln. Erst ab kurz vor Brisbane verschwindet die tödliche Gefahr und es war regelrecht eine Erlösung als wir dann doch kurz vor Schluss noch die Chance hatten im erfrischenden Ozean zu schwimmen.
Für alle, die sich jetzt brennend fragen: Ja, es gibt unfassbar viele Insekten und auch Spinnen in Australien. Beim Campen darf man da nicht zimperlich sein, sie sind der ständige Begleiter. Immer und überall. Aber von den richtig giftigen sind wir keinen wirklich Nahe gekommen.
Die letzte Station unseres Trips war Brisbane. Dort gaben wir unseren Mietcamper ab und verbrachten die letzten Tage in einem Apartment im hippen Stadtteil Fortitude Valley. Von da aus erkundeten wir die ganze Stadt und ich war sofort schockverliebt. Es mag an vielen Gründen liegen wie dem schönen Wetter, dem gratis Schwimmbad mit Blick auf die Skyline, dem leckeren Essen und guten Kaffee, den entspannten Leuten, der Lebensqualität, dem freien Eintritt ins Museum, den netten Bars oder einfach an der Tatsache dass man nach einigen Wochen schon ziemlich an den australian way of life gewöhnt ist und man sich daher einwandfrei zurecht findet (soll heißen: barfuß in Yogaklamotten in den Supermarkt geht).
Hatte ich am Anfang so meine Probleme in dem Land anzukommen, wollte ich am Ende nicht mehr weg. Könnte ich mir einen Ort auf der Welt aussuchen an dem ich leben möchte, so würde ich heute ohne zögern Brisbane wählen.
Falls ihr es noch nicht getan habt, hier könnt ihr die Hochzeit von Nadine und Nicola in Queensland anschauen.